Das wars, es war mir eine Freude!

Das wars, es war mir eine Freude!

Liebe Leserin, lieber Leser,

vor Ihnen liegt mein letzter Unternehmerbrief. Nach 14 Jahren und insgesamt 50 Briefen schließe ich dieses Kapitel, ich beginne ein neues. Wenn ich davon ausgehen darf, dass Sie von Anfang an dabei waren und jeden Text gelesen haben, dann haben Sie mir in den Jahren etwa 25 Stunden Ihrer wertvollen Aufmerksamkeit geschenkt. Das weiß ich sehr zu schätzen und dafür danke ich von Herzen.

Warum ich dieses Kapitel schließe? Oft denke ich, es ist in den Jahren von mir schon alles gesagt worden, was ich zu den unterschiedlichsten guten und weniger guten Ereignissen und Gegebenheiten in Organisationen und anderswo zu sagen habe. Wenn ich auf die eine oder andere aktuelle Entwicklung in Unternehmen und der Führungsarbeit schaue, wäre eine Kommentierung von mir also lediglich eine Wiederholung bereits getaner Hinweise – und das möchte ich Ihnen nicht zumuten. Letztlich sind es nur wenige Regeln, egal in welche Worte diese gekleidet werden, deren Einhaltung ein gedeihliches Miteinander fördern und deren Verstöße dagegen Leid und enorme Kosten verursachen.

Was war mir in all diesen Jahren wichtig, was habe ich erreicht?

Was mir immer wichtig war

Von Beginn an wollte ich mit den Briefen Sie, die Leser*innen und Ihren Blick auf die (Unternehmens-)Welt erreichen und so den Kontakt zu Ihnen aufrechterhalten. In meiner Arbeit in den Unternehmen habe ich immer wieder festgestellt, dass bei Betrachtung und Bearbeitung einer Heraus-forderung ein Perspektivwechsel in diesem Zusammenhang zu anderen und oft besseren Lösungswegen führt. Mein zweites Ziel war daher, Sie zu einem „um die Ecke denken“ und in Folge zur Feststellung zu bewegen:

Es könnte alles auch ganz anders sein als man es selbst wahrnimmt bzw. wahrgenommen hat, denn der Mensch konstruiert bekanntlich seine Wirklichkeit. Und verfolgt man diese Annahme, kann man zu anderen und vielleicht besseren Ergebnissen kommen. Ein weiteres Anliegen war für mich auch, immer wieder auf systemische Zusammenhänge hinzuweisen, die ein Verstehen bestimmter Gegebenheiten in der Organisation und der Welt, in der wir leben, besser erklärbar und verständlicher machen.

Nicht zuletzt war und ist es mir auch wichtig, Unternehmenskulturen zu unterstützen oder zu initiieren, die dem Motto folgen:
„To create a world, to which people want to belong“ (Robert Dilts) folgen.
Also eine Kultur in der Organisation, in der die Menschen gerne mitarbeiten und wo sie mehr bekommen, als nur das Gehalt.

Der Mensch im Mittelpunkt

In meiner gesamten Arbeit steht und stand stets der Mensch im Mittelpunkt, so auch in den Unternehmerbriefen: Was bewegt Menschen zu bestimmten Handlungen, und weshalb fällt es einem oft schwer, von unguten Gewohnheiten abzulassen? Das sind Themen, die nicht nur in der täglichen Führungsarbeit eine wichtige Rolle spielen, sondern auch in der Selbstreflektion! Wie kann ich zu meiner Authentizität finden und diese leben, was bringt mir (und ggf. anderen) wirklich einen Nutzen, wie kann man ein, nein sein Leben so gestalten, dass die Erfüllung überwiegt und man später auf ein gelungenes Leben zurückblicken kann?

Zu diesen Fragen Gedanken zu äußern und Anregungen zu geben war und ist mir sehr wichtig. Habe ich doch viel zu oft Menschen in Unternehmen angetroffen, die mit sich und ihrem Sein nicht in Einklang standen und/oder unglücklich waren. Nicht wenige lebten nur noch auf die Verrentung hin und gaben sich der Annahme hin, dann würde alles besser werden.

Was habe ich erreicht?

Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Zwar gab es immer wieder Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern, die signalisierten, dass da bei ihnen „etwas angekommen“ ist. Über belastbare Daten zum Erfolg der Briefe verfüge ich also nicht. Dafür ist meine Hoffnung ungebrochen, mit den Briefen dem einen oder der anderen wertvolle Anregungen für das Leben und die Tätigkeit als Führungsperson gegeben zu haben! Und vielleicht konnte die eine oder andere Anregung auch zu positiven Veränderungen des Miteinander in Gruppen oder ganzen Unternehmen beitragen.

Und wie weiter?

Die Welt steht vor enormen Herausforderungen, die ohne wirklich tiefgreifende (und im einen oder anderen Fall auch schmerzhaften) Veränderungen nicht zu meistern sein werden – wenn überhaupt. Für mich ist klar: Ein „weiter so“ kann und wird weder auf der politischen Ebene noch auf der wirtschaftlichen einen Lösungsbeitrag leisten. Unsere alten und noch existenten Systeme haben zu der heutigen Situation geführt und können schon von daher kaum einen Beitrag zu deren Bewältigung und zu einer Neugestaltung liefern. Aber was dann? Es gibt viele erfahrene Wissenschaftler*innen, die Wege aufzeigen (können), viele Politiker und auch Personen in Wirtschaft und Gesellschaft, die die Herausforderungen erkannt haben und bereit sind, sich ihr zu stellen. Sie alle brauchen unsere

Unterstützung, unsere Mitarbeit, damit der Turnaround gelingen kann. Und in einem bin ich mir ganz sicher: Soll es für uns und diese Welt eine positive Zukunft geben, werden wir nicht umhinkommen, wieder den Menschen und nicht das Geld in den Mittelpunkt zu stellen. Daran wird auch die KI nichts ändern.

Und ich?

Dass die aktuelle Lage mit ihrer Unübersichtlichkeit und Komplexität nicht wenige Menschen stark verunsichert oder gar in die Verzweiflung treibt, ist verständlich. Die Ängste nehmen überall zu, und das ist oft nicht unberechtigt. Gerade deshalb stellt sich wieder einmal jetzt die Frage: Lasse ich etwas mit mir machen oder mache ich etwas? Kann ich überhaupt etwas machen und wenn ja, was? Das Leben fragt uns an, und wir sind aufgefordert, Stellung zu beziehen.

Sicher kann ein Mensch allein kaum die Welt verändern, mit anderen zusammen manchmal vielleicht ein wenig. Aber um die Veränderung der Welt durch Einzelpersonen geht es auch gar nicht. Hilfreich ist die Aktivität im näheren Umfeld durch jeden einzelnen Menschen. Dafür ist wichtig, gut mit der eigenen Verunsicherung und Verzweiflung umzugehen. Hilfreich ist in jedem Fall ein –soweit möglich nüchterner und emotionsloser– Blick auf das Geschehen selbst, also nach außen, verbunden mit der Frage: Was ist wirklich los? Was betrifft mich indirekt, was direkt? Was besitzt für mich mehr, was weniger Relevanz? Oftmals relativiert bereits ein solcher Blick, eine solche Bestandsaufnahme das emotionale Empfinden und die daraus resultierende Angst und führt auf eine Handlungsebene.

Dann geht die Erforschung weiter: Wo kann ich mit meinen Möglichkeiten Einfluss nehmen und was tun? Was genau kann ich tun, mit welchen Mitteln, und wo reicht mein Potenzial nicht aus? Warnung: Ohne das Verlassen des heimischen Sofas werden Veränderungen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eintreten. Dabei ist völlig klar, dass weder ein Bundeskanzler noch ein anderer mächtiger Mensch auf mich und meine Meinung wartet. Bekanntlich beginnt der Aufgang in das erste und alle weiteren Stockwerke eines Gebäudes meist im Erdgeschoss, und vor diesem liegt oft ein schöner Garten, den man pflegen kann. Und den sich genauer anzusehen lohnt, was bedeutet, sich an seiner Schönheit zu erfreuen und ihn zu genießen. Und von da aus zu überlegen: Wo kann ich mit meinen Möglichkeiten einen Beitrag zu einer wünschenswerten Veränderung meiner und der Lage anderer leisten?

Wichtig ist auch der Blick nach innen: Was genau beeinflusst meine Wahrnehmung? Was löst es in mir aus? Wie ist das Verhältnis zwischen meiner Grundangst und meiner Erwartungsangst? Wie kann ich am besten damit so umgehen, dass ich gesund und handlungsfähig bleibe? Was stärkt mich, erhält oder treibt meinen Energiepegel nach oben? Die Welt ist wie sie ist, meine

Wahrnehmung und Interpretation machen sie zu dem, wie ich sie empfinde und erlebe. Und da haben wir Spielraum, das wusste schon Pippi Langstrumpf: „Ich mache mir die Welt, so wie sie mir gefällt!“

Und wie geht es bei mir weiter?

Synthesis wird nach wie vor in Schulung, Coaching und Beratung tätig sein. Nach und nach hat sich speziell meine Arbeit aber gewandelt: Weg von der Schulung hin zu mehr Beratung und Coaching. In der Beratung kann ich meine jahrzehntelange Erfahrung aus weit über 100 verschiedenen Unternehmen einbringen und im Coaching sowie der Lebensberatung die Früchte vieler Ausbildungen, u.a. in Logotherapie/Existenzanalyse www.ziummermann-existenzanalyse.de zugunsten meiner Klienten ernten.

Na dann: Auf ein erfolgreiches 2025!

Ich danke Ihnen allen für Ihre Treue und das Lesen der Unternehmerbriefe in den letzten 14 Jahren seit Erscheinen des ersten Briefes, ebenso für manche anregende Rückmeldung, und ich hoffe, dass sie aus den Briefen die eine oder andere Anregung für sich selbst und vielleicht auch für Ihre Mitarbeiter sowie ihr Unternehmen beziehen konnten.

Nochmals herzlichen Dank für diese Zeit! Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie eine gute und gesegnete Zukunft! Bleiben Sie zuversichtlich!

Ein letztes Mal mit herzlichem Gruß,

Thomas Zimmermann

und das Team von synthesis

Und noch eine Bitte: Gehen Sie im Februar zur Wahl, stärken Sie unsere Demokratie auch gegen Einflüsse und Einmischungen von außen!